Bericht vom 5. Jazz uf em Strich (2013)

Zum fünften Mal hat der Verein 'Jazz vor em Platz' das Festival "Jazz uf em Strich" in Sissach  organisiert. Zum fünften Mal profitierten dabei der Verein, die Künstler und die Zuschauer vom Wetterglück. Am Freitag, 28. Juni 2013, dem sogenannten 'Bündelitag', als sich die Sonne zum westlichen Horizont senkte, zog es die Menschen in die Begegnungszone.
Die 'Sparrow-Brothers' stimmten an diesem Abend das Publikum auf den Event ein. Bei meinem Eintreffen interpretierten sie gerade den Titel 'New York' von Frank Sinatra und waren an der Textstelle "These are little town blues. They have all melted away...". Als 1977 der Film "New York, New York" in die Kinos kam, geriet er zum Flopp. In diesem Film sang Liza Minelli erstmals das gleichnamige Lied.
"I am about to make a brand new start of it...", sang Dominique Ferns (Bild oben) von den 'Sparrow-Brothers' am Jazzfestival in Sissach weiter. Frank Sinatra starte 1978 mit dem Song sozusagen noch einmal durch, verhalf ihm zum Durchbruch und machte es zu einem der berühmtesten Lieder der Welt. Sieben Jahre später wurde es zur Hymne der Metropole New York erklärt. Heute assoziieren wir die Bilder der Stadt bewusst oder unbewusst mit dem Song.
Während die Sonne Sissach allmählich in goldenes Licht tauchte, holten die 'Sparrow-Brothers' mit 'New York, New York' ein wenig Broadway-Stimmung auf den Strich. Felix Müller (Bild oben)  und Dominique Ferns liessen den Titel in der untergehenden Sonne gefühlvoll ausklingen bevor sie uns mit "Beer drinking woman" zu den Roots of Blues führten und mich zu einem 'Appenzeller quöllfrisch' animierten.
Mit einem 'smile on the face' boten sie den Titel I' m singin in the rain zum Besten, als hätten sie der Wetterprognose nicht getraut. Schwungvoll präsentierten sie Great Balls of Fire und setzten mit Hit the road Jack zu einem Höhepunkt an. Nun war das Publikum mit dem Jazz-Fieber angesteckt. Mit I did it my way verabschiedeten sich die 'Sparrow-Brothers', bevor Stefan Zemp (Bild oben) die nächste Gruppe ansagen durfte.
Auf dem Programm stand das 'Lisette Spinnler Quintett' und ich durfte von Stefan Zemp zum ersten Mal hören, dass die Frontfrau, Lisette Spinnler, in unserer Nachbargemeinde Wittinsburg aufgewachsen ist. Noch bevor meine Neugierde richtig hochkommen konnte, applaudierte das Publikum und dann stand sie auch schon auf der Bühne. Sie winkte kurz zur Begrüssung, sandte warmherzige Blicke aus dunklen Augen in die Menge, bevor sie das Mikrofon an sich nahm und sich konzentrierte.
Dann hauchte sie mit zarter Stimme "Come on get happy" über den Strich, vorerst ebenso zart begleitet von Raffaele Bossard am Bass. Dann gesellt sich Michi Stulz mit dem Schlagzeug dazu, Stepha Aeby am Rhodes und schliesslich Alex Hendriksen am Saxophon. Was für ein schöner Song - oder vielmehr: Was für eine schöne Interpretation! Das Publikum war ruhig geworden und hörte respektvoll zu.
Zum Auftritt am Schaffhauser Jazz Festival lobten die Veranstalter Liesette Spinnler für ihre Sing- und Spielfreude, ihre Beweglichkeit (körperlich und im Genre) und ihre Erotik. Dem kann ich nur noch beipflichten. Der Titel "Get Happy" wurde von Harold Arlen komponiert. Den Text hat Ted Koehler geschrieben. Ruth Etting sang ihn 1930 zum ersten Mal. Später wurde der Titel veröffentlicht und vielfach gecovert.
Es folgte der Song "Triste" mit tollen instrumentalen Passagen. Ich kenne ihn in der Version von Frank Sinatra. Danach tönte es fremdländisch. Mit einem armenischen Liebeslied sorgte das Quintett für Gänsehaut. Wunderschön! Wäre das Eis der 'Kunsti' noch dagewesen, es wäre spätestens jetzt weggeschmolzen.
"Namaste" ist die hinduistische Grussformel und bedeutet übersetzt 'Verehrung'. Dabei faltet man die Hände auf der Höhe des Herzens (siehe Bild oben). Mit dem Titel 'Namaste' verabschiedete sich das Lisette Spinnler Quintett und grüsste (verehrte) gleichzeitig noch einmal das Publikum. Ein 'Namaste' sandte am Ende das Publikum in Form eines herzhaften Applauses zur Bühne zurück.  
In der Begegnungszone, auch Strichcode genannt, herrschte nun dichtes Gedränge. Ich hatte den Eindruck, dass mehr Leute gekommen waren, als im letzten Jahr und dass das Festival von Mal zu Mal mehr Menschen anlockt. Auch die Prominenz gab sich wieder ein Stelldichein. Gewohnt bescheiden mischt man sich hier unter die Leute und geniesst den authentischen Jazz, der hier geboten wird.
Für den dritten Programmteil durfte Stefan Zemp Manu Hartmann and The City Blues Band ankündigen. Manu Hartmann trat vor zwei Jahren schon einmal am Jazz-Festival in Sissach auf, damals zusammen mit der Markus Gisin Blues Band (siehe Bericht). Inzwischen hat sie ihre eigene Band zusammengestellt und sich stark weiterentwickelt. Bei ihrem Auftritt am Festival startete sie von Beginn an temperamentvoll durch.
Dabei konnte sie auf jeden Musiker der neuen Band zählen. In ihrer Komplettheit sorgte diese für vollen Konzertsound, aber auch im Dialog mit Manu Hartmanns Gesang oder bei den Soli setzte jeder einzelne sein Instrument virtuos ein. Leider habe ich die Dynamik unterschätzt, bin zu nahe an der Bühne gestanden und musste später im Video feststellen, dass das Mikrofon des Recorders übersteuert hat. Sorry!
Manu Hartmann zeigte am Festival, dass sie ihre Stimme aus voller Brust über den Platz schmettern, aber auch gefühlvoll und leidenschaftlich einsetzen kann. Dazu bewegt sie sich gekonnt im Rhytmus, setzt Mimik und Gestik ein und sorgt so für einen stets dynamischen Auftritt. Die Musikerin, Songwriterin und Sängerin aus Liestal hat mit ihrer neuen Band den Platz im Hauptprogramm verdient.
Was für ein Glück, dass Manu Hartmann am Ende einen Kinderwunsch erfüllte und mit ihrer Band 'Spoonful' zum Besten gab. Diese Zugabe war ein Gourmet-Dessert und Abschiedsgeschenk an das Publikum. Noch einmal durften wir mit Manu und der Band tief in starken Blues eintauchen, mit einem Musikstück, das mit grossen Namen verbunden ist. Etta James, Cream und Ten Years Afterum nur einige zu nennen - haben den Titel gecovert.
Der Song wurde von Willie Dixon geschrieben und 1962 mit Howlin’ Wolfs eröffentlicht. Während Howlin' Wolfs den Titel nicht mochte und abwertend bezeichnete, wurde er später in die Liste der „500 Songs that shaped Rock and Roll“ aufgenommen. Bekannt wurde er ausserdem durch die Gruppe Cream, die starke intrumentale Soli einspielte und eine Liveversion von 16 Minuten Dauer herausgab.
Ganz zum Schluss durfte sich ein zufriedener Stefan Zemp bei den Bands, dem Publikum und den Sponsoren bedanken. Zum fünften Mal konnte das Festival erfolgreich organisiert und durchgeführt werden. Das macht Lust auf mehr und die Jazz-Fans sollten sich den nächsten Bündelitag diesbezügich schon jetzt in der Agenda markieren.



  

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